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Youth and America II

Aber die Jugend brachte uns auch ein anderes Amerika. Subkultur, Skateboard, Punk. Und wir merkten: USA war nicht nur Disney, NBA, P-EX und. USA war auch: Ramones, Minor Threat, Dead Kennedys (die Aufzählung ließe sich, je nach Fasson und Sozialisation, natürlich auch mit Wu-Tang-Clan oder Public Enemy oder anderen vornehmen). Und natürlich Lee Hollis mit den Spermbirds, zwar aus Kaiserslautern, aber eben ein echter Ami. Und spätestens die Wipers zeigen einen Tiefgang und eine Zerrissenheit, die jede Amerika-Stereotypie wiederlegt.

Und wir haben nochmal genauer bei dem Philosophen mit Amerika-Erfahrung nachgeschlagen: Die oft oberflächlich genannte Freundschaft müsse nicht als schlecht angesehen werden. Der Akt der Freundlichkeit, ein Interesse und sei es zunächst gespielt, kann etwas erzeugen, kann weitertragen. Man werde so zu einem Entäußern gebracht, trete mit anderen in Beziehung und könne sich so als Individuum bestimmen. Irgendwie durften wir also doch Amerika-Fans bleiben.

Amerika war ein Ticket und viele wollten mit. Noch in den späten Neunzigern. Vielleicht hat in der Wetterau alles etwas länger gedauert (Martin Büsser schreibt, dass das eigentlich schon Ende der 80er, Anfang der 90er vorbei war. Aber wen hat das zehn Jahre später schon gejuckt, es gab kein derartiges Internet, was einem die Historie unter die Nase hielt). Kam eine US-Band zu Besuch nach Bad Nauheim, war der Laden voll. The Masons, niemand mag sich wirklich an diese Band erinnern, noch kannte die wer vorher, kam den ganzen Weg aus Wichita, Kansas, über den Ozean, brachten lärmenden Garagen-Punk mit, hingen ihren Rindsschädel übers Schlagzeug und die Jugend der Wetterau schwang sich auf und ließ die Hüften kreisen. Frei nach Franz Dobler, Wetterau, hast du jemals was Besseres auf die Ohren bekommen? I don´t know. Aber was wir wussten: warum Elvis sich einst aus Bremerhaven auf den beschwerlichen Weg nach Bad Nauheim machte, um seinen Dienst in einer echten Kaserne und nicht als Showman abzuleisten. Warum er auf die ihm in Aussicht gestellten Privilegien weitestgehend verzichtete, um in die Wetterau zu kommen. Hier gibt es schon immer Amerika-Fans.

Als die Amis so nach und nach gingen, wurde es immer ruhiger. Heute sind keine Amis mehr da. Heute grüßt Elvis von einer komischen Statue inmitten eines Kreisels (hier hätte ich gerne ein Video, das so 2-3mal im Kreis um die Statue fährt), zu dessen einer Seite sich einst die Ray Barracks erstreckten und zu dessen anderer Seite einst ein verruchter Nachtclub zu finden war. Zuletzt, als die Amis noch da waren, betrieben von einer Gestalt, die sich nicht zu Unrecht Angel nannte. Solche Leute, gerne Original genannt, die es wohl in jeder dieser Mittelstädte gibt und bei der man sich fragt, was sie eigentlich so machen. Aber es auch nicht genauer wissen will. Wir alle haben davon gezehrt, dass die Amis dort ihr Lager aufschlugen und über ganze Dekaden blieben. Das Flair der Friedberger Altstadt hat davon gelebt, die Ansammlung an etwas anderen Bars, Clubs, Burgerläden (nein, nicht die, wie sie heute überall aufmachen, mehr real als tasty), hat die Altstadt davor gerettet, in einer Ansammlung von Historizität und Verfall zu ersticken. Friedberg mag hübscher sein heute, aber ist auch mehr Kleinstadt

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Wir hatten einen letzten Abend mit GIs im Magazin in der Altstadt. Der Wirt, Norbert, ein Original, wie ihn nur die Wetterau hervorbringen kann, hat die Kneipe souverän geführt. Die Amis, wie sahen sie aus? Keine Ahnung. In meiner Erinnerung: abrasierte Köpfe, Jeans, weiße T-Shirts. An dem Abend war nichts von der Härte zu spüren, die bisweilen während der Kriegseinsätze wirkte. Wir hatten Spaß, der Wirt schenkte aus und als die Koordination nachließ, die Sprache zäher und schneller zugleich wurde, waren wir ready for a lesson in Spoonfight. Es wurde tüchtig zugelangt, wir haben uns redlich bemüht, wir haben hart eingesteckt, aber nur sanft getroffen. Es ging nicht anders. Beim Spoonfight geht es darum, mit dem Löffel im Mund, dem Gegenüber auf den Kopf zu hauen. So dolle wie möglich. Es blieb ein sanftes Streicheln, wenn der Löffel nicht einfach zu Boden fiel. Und so steht er dann da, der Amerika-Fan. Will Teil sein, will dabei sein und merkt nicht, wie ein andere hinter ihm steht und den Löffel mit voller Wucht schwingt. Wir hatten am nächsten Tag Beulen.

Mittlerweile wird die Panzerstrasse oberhalb von Ockstadt von Schicki-Micki-Brigaden aus dem Vordertaunus befahren, die mit ihren modernen Varianten der Wehrmachts-Kübelwägen, den SUVs (Hermann L. Gremliza), auf dem Weg zum Exerzieren auf dem Golfplatz sind.

Ist es das, was du brauchst, Wetterau? Ich würd´ sie wieder nehmen, die Amis.