Ein ganzer, langer Essay widmet sich dem „Amerikafan“ und trotzdem hier ein Versuch es kurz und knapp zu umreißen: Der Begriff versucht, nach meinem Verständnis, jene auszuschließen, die man heute, ohne dabei abwertend zu klingen, getrost als Amerikanerds bezeichnen würde. Gemeint sind damit Personen, deren generelle Zuneigung zu den USA sich in einem euphorischen Interesse äußert, das sie einem oder mehreren verwandten Themengebieten amerikanischer Kultur oder Geschichte entgegenbringen – seien es Fahrzeuge, E-Gitarren oder Handfeuerwaffen. Die Wetterauer Amerikafans aber, die hier gemeint sind, verstehen sich selbst in einer natürlichen, räumlichen Nähe zum US-amerikanischen Kulturraum, mit dem sie die Kaserne verwechseln. Die amerikanischen Fernsehserien, Kinofilme, die Musik und die Mode werden ganz selbstverständlich angenommen und konsumiert, denn sie kommen sozusagen von nebenan. Das Amerikafansein hat nichts euphorisches, ist auf nichts Spezielles gerichtet sondern ist der Versuch amerikanische Normalität im Alltag zund im eigenen Leben zu imitieren. Der Amerikafan nennt seinen Eltern Mom und Dad. Der Amerikafan redet im Englischunterricht ganz bewusst kein British English, sondern eine Mischversion, in der er die verschiedenen Akzente seiner amerikanischen Bekanntschaften integriert. Der Amerikafan ordnet sich West-oder Ostküste zu, entwickelt eine eigene pseudoamerikanische Identität. In der Wetterau muss man keinen Aufwand betreiben, um sein Fan-Sein leben zu können–die Diskothek, das amerikanische Kino, die Bowling Alley, die amerikanische Pizzeria, die der Fan selbstverständlich betreten darf und wo er selbstverständlich auf Englisch bestellt und mit Dollar bezahlt, sind nur eines seiner vielen Spielfelder. Die ganze Wetterau bot den Amerikafans von damals eine beeindruckende Infrastruktur in der sie ihr Fans-Sein leben und zum Ausdruck bringen konnte. Davon ist so gut wie nichts mehr übrig.